Booking & Co. – Urheberrechtliche Fragestellungen bei der Übernahme von Plattform-Bewertungen auf eine Hotelwebsite
Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Hotels und andere Übernachtungsleistungen per Telefon, Reisebüro, Tourist-Information oder Post gebucht worden? Auch wenn für die meisten von uns diese Welt längst untergegangen ist, war dies noch vor zwanzig, dreißig Jahren gängiger Standard.
Mit dem Aufkommen des Internets und in dessen Gefolge der Plattformökonomie ab Ende des 1990er Jahre, d.h. eines Wirtschaftsmodells, bei dem Anbieter und Nachfrager auf technologisch-digitalen Plattformen Produkte und Dienstleistungen austauschen, ohne dass diese allerdings im Besitz der jeweiligen Plattform sind[1], veränderte sich auch das Buchungsverhalten von Reisenden grundlegend. Heute bestimmen sog. OTAs (Online Travel Agencies) den Markt und sind mit einem Anteil von ca. einem Viertel aller gebuchten Unterkünfte[2] einer der dominanten Vertriebspartner für die Hotelbranche. Zu diesen gehören Portale wie booking.com, Expedia, Check24 oder HRS.
Ein Erfolgskriterium beim Verkauf von Unterkünften ist neben dem Preis die Bewertung durch ehemalige Gäste, die ihr Konsumerlebnis mit anderen teilen und damit die Wahrnehmung des Preis-Leistung-Verhältnisses entscheidend beeinflussen können. Was liegt also für einen Hotelbesitzer näher, als positive Bewertungen von externen Portalen auch auf der eigenen Homepage darzustellen, erst recht, da viele Hotels kein eigenes Bewertungssystem besitzen.
Hierbei stellen sich jedoch urheberrechtliche Fragen, die im Folgenden näher betrachtet werden sollten.
Online-Bewertung als Werk im Sinne des Urheberrechts
Ein Blick ins Urheberrechtsgesetz macht bereits in § 2 Absatz 1 Nr. 2 UrhG deutlich, dass zu den geschützten Werken auch Sprachwerke gehören. In § 2 Absatz 2 UrhG werden Werke als persönliche geistige Schöpfungen definiert. Individualität, Gestaltungsleistung sowie die Schaffung von etwas Neuem sind dabei wichtige Voraussetzungen.[3] Nun könnte man einwenden, dass dies auf die meisten Bewertungen ja nicht zutreffen würde, bestehen sie doch aus eher knappen Sätzen wie „Gerne wieder.“, „War toll“ oder „Hat uns gefallen.“ Eine individuelle Gestaltungsleistung ist hier offenbar nicht zu erkennen.
Doch wie verhält es sich mit folgendem Text?
„Tolles Hotel, mit guter Verkehrsanbindung
Wir waren Wiederholungstäter und waren wieder sehr zufrieden! Im Hotel gibt es sehr viel zu sehen und bestaunen! Der Name *Schule* wird auch in der Deko gelebt! Die Zimmer sind gemütlich und modern eingerichtet, der Service ist hervorragend! Das Personal ist freundlich und aufmerksam. Das Frühstücksbuffet ist auch sehr gut ausgestattet und bietet keinen Grund für Beschwerden! Reiche Auswahl an Brötchen und Kaffeespezialitäten. Der Hauseigene Parkplatz ist auch gut zu erreichen. Sollte er voll sein, gibt es auch Ausweichmöglichkeiten in der näheren Umgebung. Einkaufsmöglichkeiten (Lidl, Penny) in der unmittelbaren Nähe. Die Hochbahn ist ca. 5 Minuten entfernt und in gut 25/30 Minuten ist man u.a. auf der Reeperbahn. Wir kommen sehr gerne wieder!
Negativ aufgefallen sind uns die Zimmerschlappen (Hausschuhe), einmal tragen und zack kaputt und das wir bei der Zimmerreinigung vergessen wurden. Nach einem Telefonat mit der Rezeption wurde es aber schnell gesäubert!“ [4]
Hier fällt es deutlich schwerer, diese Bewertung mit dem Hinweis „Kein Werk“ abzutun. Denn: offenbar handelt es sich um das persönliche Erlebnis eines Gastes, der nicht nur den Unterkunftsbetrieb beschreibt, sondern mit subjektiven Eindrücken und Meinungen erweitert. Man kann also durchaus den Eindruck gewinnen, dass es sich bei dieser längeren Rezension durchaus um ein Werk im Sinne des Urheberrechts handelt.
Dem könnte man nun entgegenhalten, dass es sich doch nur um eine banale Aufzählung von Gegebenheiten handeln würde, die keine schöpferische Höhe, Kreativität oder Neuartigkeit aufweist, sondern in dieser Art tausendfach auf Online-Plattformen zu finden ist. Allerdings steht dieser Meinung entgegen, dass es durchaus umstritten ist, ab wann ein Schriftstück die notwendige Schöpfungshöhe erreicht hat, um als Werk im Sinne des Urheberrechts zu gelten.[5]
Man könnte in Ableitung aus § 69a Abs. 3 Satz 2 UrhG sogar so weit gehen, dass zur Bestimmung der Schutzfähigkeit allein die eigene geistige Schöpfung steht und keine weiteren qualitativen oder ästhetischen Kriterien anzuwenden wären. Damit wäre die sog. „Kleine Münze“ des Urheberrechts auch auf Online-Rezensionen anwendbar und o.g. Text wäre plötzlich als „Werk“ anzusehen.
Und wenn dieses dann ohne Erlaubnis übernommen wird, erwachsen daraus schnell rechtliche Konsequenzen, die von Unterlassung, Ordnungsgeld bis hin zu Schadensersatz reichen können[6].
Nutzungsrechte am Beispiel von Booking.com
Auch booking.com beschäftigt sich in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen intensiv mit geistigen Eigentumsrechten. Als Voraussetzung für das Kopieren, Auslesen, Herunterladen, Reproduzieren oder die anderweitige Nutzung bedarf es so einer schriftlichen Erlaubnis des Unternehmens. Darüber hinaus müssen Nutzer der Plattform beispielsweise bestätigen, dass sie alle Recht an geistigem Eigentum, die eine Rezension/ein Bild aufweist besitzen.[7] Eine einfache Übernahme von Online-Rezensionen durch Kopieren ohne Erlaubnis von booking.com verstößt demzufolge gegen deren Richtlinien und dürfte ebenfalls auf rechtliche Konsequenzen hinauslaufen.
Allerdings bleiben die Rechte des Urhebers von dieser Regelung unberührt, denn das Urheberrecht ist nicht übertragbar. Jedoch überträgt der schreibende Gast die einfachen Nutzungsrechte nach § 31 Absatz 2 UrhG an booking.com. Dies geschieht durch die Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform, in denen die Nutzung der Inhalte auf der Plattform sowie für alle anderen kommerziellen Zwecke in allen Medien weltweit festgeschrieben ist.[8]
Konsequenzen für die betriebliche Praxis
Jedem Hotelbesitzer ist also nach diesen Überlegungen anzuraten, die Hände vom Kopieren von Bewertungsinhalten zu lassen, selbst wenn man subjektiv zu der Einschätzung kommt, dass man kein Werk im Sinne des Urheberrechts in der Rezension erkennt.
Als Alternative bieten einige Plattformbetreiber wie Booking, aber auch Drittdienstleister sog. „Widgets“ an. Dabei handelt es sich um kleine Programm, die ein Anzeigen von Plattform-Bewertungen auf der eigenen Seite möglich machen.[9] Dies geschieht oft via iFrame. Zwar stellt sich hier ebenfalls grundsätzlich die Frage nach dem Urheberrecht und ob dieses nicht verletzt wird, wenn auf einer fremden Website, Bewertungen von booking zu sehen sind, jedoch wurden booking wie oben aufgezeigt die Nutzungsrechte an der Bewertung übertragen.
Neben der Einbindung eines einzelnen Widgets nutzen viele Hotels mittlerweile auch die gesammelten Bewertungen von TrustYou, einer Gästefeedback-Plattform, die Rezensionen von verschiedenen Plattformen aggregiert und zur Verfügung stellt. Ein Beispiel dafür ist das Kongresshotel in Potsdam, das mehrere hundert Bewertungen verschiedener Quellen auf der Startseite seines Webportals anbietet.
Literatur:
Altenhofer, Otto, Das Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland, Band 1, Wiesbaden 2001.
Dörr, Saskia, Praxisleitfaden Corporate Digital Responsibility, Berlin 2020.
Horster, Eric, Reputation und Reiseentscheidung im Internet. Grundlagen, Messung und Praxis, Wiesbaden 2013.
Mezger, Lukas, Die Schutzschwelle für Werke der angewandten Kunst nach deutschem und europäischen Recht, Göttingen 2017.
[1] Vgl. Dörr, Saskia, Praxisleitfaden Corporate Digital Responsibility, Berlin 2020, S. 19.
[2] Vgl. Booking.com – der blaue Riese, unter https://www.trend.at/unternehmen/booking-com-blauer-riese (abgerufen am 24.3.2024).
[3] Vgl. Altenhofer, Otto, Das Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland, Band 1, Wiesbaden 2001, S.292.
[4] Vgl. Bewertung von „U“ vom 26.11.2023, Hotel Volksschule/Hamburg, https://www.booking.com/Share-BiVDQ1 (abgerufen am 24.03.2024).
[5] Vgl. Mezger, Lukas, Die Schutzschwelle für Werke der angewandten Kunst nach deutschem und europäischen Recht, Göttingen 2017, S.28ff.
[6] Vgl. bspw. LG München, Urteil vom 24.07.2013, 21 O 7543/12, https://openjur.de/u/677776.html (abgerufen am 24.03.2024)
[7] Vgl. A 14. Geistige Eigentumsrechte, Allgemeine Geschäftsbedingungen, https://shorturl.at/adfGQ (abgerufen am 24.03.2024)
[8] Vgl. A 14. Geistige Eigentumsrechte, Allgemeine Geschäftsbedingungen, https://shorturl.at/adfGQ (abgerufen am 25.03.2024)
[9] Vgl. Horster, Eric, Reputation und Reiseentscheidung im Internet. Grundlagen, Messung und Praxis, Wiesbaden 2013, S. 226.