Corona-Virus-App-Date
Yippie: endlich wieder Freisitz, Biergarten, Theater, Kino & Co. Wunderbar, großartig, aufatmend, losgehend. Ja klar, da ruckelt noch einiges, sind noch Asynchronitäten und Ungleichzeitigkeiten zu erkennen und noch längst keine Friede, Freude, Eierkuchen. Aber dennoch: viele erste kleine Schritte in die Richtung Öffnung.
Höchste Zeit mal zu schauen, was die Kontaktnachverfolgung macht.
Gibt´s da etwas Neues zu berichten?
Nochmal zur Erinnerung. Die Kontaktnachverfolgung hat nach wie vor die Ziele a.) der zeitnahen Identifizierung von Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen bestätigten COVID-19-Fall angesteckt haben sowie eine Verhinderung größerer Übertragungsgeschehen aufgrund einer vom bestätigten Fall hervorgerufenen Übertragungssituation; b.) Quarantänisierung enger Kontaktpersonen bestätigter Fälle, um weitere Infektionen zu verhindern, c.) Erkennung und Isolierung weiterer COVID-19-Fälle und schließlich d.) Verhinderung der Ausbreitung in Risikogruppen und bei medizinischem Personal (Quelle: RKI).
Das muss man sich ab und zu mal vor Augen führen, denn in den vergangenen Monaten stand in meiner Wahrnehmung garnicht mehr diese Ziele im Vordergrund, sondern oft die Diskussion #lucaApp oder nicht.
Ich muss leider feststellen: diese Anwendung polarisiert wie keine zweite. Die einen werfen ihr unlautere Praktiken, mangelnden Datenschutz oder Sicherheitslücken vor. Ein Blick in die Sozialen Medien, insbesondere den Kurznachrichtendienst #Twitter zeigt: die Anwendung lässt die Seele der Netzgemeinde offenbar nach wie vor hochkochen.
Das Unternehmen nexenio, das die App entwickelt hat, ist davon recht unbeeindruckt. Auf deren Seite stehen ca. 7 Millionen Downloads der App und einige Regionen, die schon recht flächendeckend den Service einsetzen. Allerdings auch: nichts Genaues, weiß man nicht. Es gibt keine offiziellen Zahlen. Erlebnisse von Bekannten und vom Hörensagen sowie eigenem Erleben lassen darauf schließen, dass zwischen #nahezualle (Beispiele aus Schleswig-Holstein und Oberbayern) bis hin zu #nutztkeiner, so ziemlich alles in Deutschland zu finden ist. Die Dominante dürfte freilich immer noch der gute, alte Zettel sein.
Daraus stellt sich natürlich die Frage, welchen Anteil diese Art von Kontaktnachverfolgung überhaupt für das Sinken der Infektionszahlen hat. Meine, zugegebenermaßen laienhaft, Einschätzung: kaum eine, denn wenn es tatsächlich eine Kausalität gäbe, dürften die Infektionszahlen nicht überall gleichermaßen sinken. Hinzu kommt: die meisten Gaststätten, Hotels, Freizeit- und Kulturangebote waren die letzten Monate geschlossen. Es gab also kaum eine Möglichkeit des Proof-of-Concepts.
Ach so: ja, alle Gesundheitsämter in Brandenburg sind angeschlossen, was in der Praxis heißt, dass sie verschlüsselte Luca-Daten entschlüsseln können, wenn sie die Erlaubnis der Nutzer*innen und der Locations haben. Es zeigt sich aber auch, dass Kontaktnachverfolgung kein Automatismus geworden ist, sondern nach wie vor verschiedene Datenquellen auszuwerten sind. Denn wer speichert schon alle seiner privaten und beruflichen Begegnungen in einer Anwendung?
Und nein: die Corona-Warn-App der Bundesregierung ist keine reguläre Anwendung im Sinne der Kontaktnachverfolgung. Auch wenn das immer mal wieder behauptet wird. Sie wissen schon: die Äpfel und die Birnen.
Wenig Neues also hier: Luca App und Co., wie z.B. auch die Check-In-Brandenburg App, machen, was sie sollen: sie beseitigen da, wo sie eingesetzt werden, die Zettelwirtschaft. Das kann man links- oder rechtsrum machen, das ist wie mit dem Yoghurt und den drehenden Milchsäuren. Nützlich ist es allemal oder wer möchte schon, insbesondere in größeren Einrichtungen, tausende von Zetteln datenschutzkonform temporär aufbewahren.
Wie sieht es mit den rechtlichen Rahmenbedingungen aus?
Auch in diesem Punkt hat sich wenig geändert. Luca erfasst Namen, Anschrift sowie Telefonnummer und optional die Mailadresse. Die Länderverordnungen haben dazu teilweise abweichende Regelungen erlassen, also z.B. nur die Telefonnummer oder Mailadresse oder keine Anschrift etc. Das scheint aber in der Praxis niemanden zu behindern. Jedenfalls finde ich zu dieser Differenz kaum Hinweise im Internet. Bei anderen digitalen Kontaktnachverfolgungsanwendungen ist das übrigens ähnlich. Der Grund ist einfach: da sich die Verordnungen der Bundesländer in diesem Punkt unterscheiden, ist es für eine deutschlandweit einheitliche Lösung schwierig, alle Spezifika umzusetzen.
Auch die Plausibilitätskontrolle, die in einigen Verordnungen gefordert wird, was im Übrigen nichts anderes heißt, als dass der Ort, der die Kontaktdaten erfasst, auf die Kontaktdaten schaut, um zu sehen, ob da „Donald Duck“ steht oder ein anderer Name, wird nicht öffentlich diskutiert. Die eine Anwendung kann das, die andere nicht.
Kurzum: auch in diesem Punkt gibt es keine größeren Bewegungen in den letzten Wochen.
Und sonst so?
Das „next big thing“ sind allerdings nicht Kontaktnachverfolgungsanwendungen, sondern digitale Impf- und Testnachweise. In beiden Bereichen ist Brandenburg vorne mit dabei, zumindest, was den deutschen Markt betrifft. Im Kleinwalsertal schon verfügbar wird nun auch in zwei Projekten in unserer Region damit experimentiert, wie man einen Selbsttest durch eine App so zertifizieren kann, dass dieser zu einem Schnelltest wird.
Für die eine Initiative zeichnet das #diagnostiknet Berlin-Brandenburg mit dem Titel #homedx verantwortlich, die andere ist ein Potsdamer Start-Up mit dem versprechenden Namen #freetogo.
Ob sich das durchsetzt, wird sich zeigen, denn a.) sind diese schnellen Selbsttests nicht kostenfrei im Gegensatz zum #Bürgertest um die Ecke, sowie b.) ist überhaupt noch nicht geklärt, wie sich das rechtlich verhält, denn momentan sind Selbsttests, egal, ob diese über eine App zertifiziert werden oder nicht, meines Erachtens nicht vereinbar mit den Verordnungen.
Was macht eigentlich der europäische Impfausweis?
Da wird es offenbar bald was geben, wie man den Medien entnehmen konnte. Sogar eine offizielle Internetseite gibt es schon. Potsdam ist für die Erprobung eines der Pilotorte. Sollten die Test erfolgreich sein, wird noch für die Sommerferien damit gerechnet, die mit der Corona-Warn-App kompatibel sein soll. Keine Angst, der gelbe Ausweis bleibt weiterhin gültig, aber die Welt wird wieder etwas digitaler.
Schließlich
Wir werden immer mal wieder gefragt: „Da gibt es Luca, Check-In, die Corona-Warn-App, die Testnachweise und die Impfnachweise. Was sollen wir denn noch alles dokumentieren, aufheben und registrieren?“ Ja, die Bürokratie hat zugenommen. Deswegen unsere Tipps:
Entscheiden Sie sich für EINE digitale Variante. Für den Gast ist das unerheblich, ob er diese kennt oder nicht. Sein Zugang ist immer ein QR-Code. Da Sie sich bei den meisten Anbietern kostenfrei registrieren können, probieren Sie doch einfach mal aus, welche Ihnen von der Handhabung am besten gefällt.
Die Corona-Warn-App ist KEINE Kontaktnachverfolgungsanwendung im Sinne der Verordnung.
Für die Test- und Impfnachweise gibt es eine Kontrollpflicht, aber keine Aufbewahrungspflicht. Eine einfache Sichtkontrolle reicht.
Und wenn Sie Fragen haben: einfach mit Ihrem Gesundheitsamt, Ihrem Tourismusverband u.a. offiziellen Ansprechpartner*innen sprechen.
Ich bin mir sicher, dass im Hintergrund schon an Anwendungen gearbeitet wird, die alles in einer Anwendung vereinen. Erste Ansätze sind bereits im Netz zu finden. Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Ob das dann eine Weiterentwicklung einer bestehenden Anwendung ist oder etwas ganz Neues: ich bin gespannt. Auch wer diesmal der Leadsänger werden wird!